Harninkontinenz
Harninkontinenz – weit verbreitet, aber noch immer tabu
Krankheiten, die weit verbreitet sind, werden Volkskrankheiten genannt. Zu den wichtigsten gehören unter anderem koronare Herzerkrankungen, Diabetes mellitus Typ II, Hypertonie (Bluthochdruck), Depressionen und Adipositas (starkes Übergewicht). Eine Erkrankung fehlt jedoch in dieser Aufzählung, obwohl sie weit verbreitet ist: Harninkontinenz. Darüber wird in der Öffentlichkeit nicht gern gesprochen, weil sich Betroffene für ihren Zustand schämen.
Was ist Harninkontinenz?
In der Medizin wird diese Kondition als Incontinentia urinae bezeichnet. Im alltäglichen Sprachgebrauch nennt man sie Blasenschwäche. Damit bezeichnen Mediziner den Verlust oder das Nichterlernen der Fähigkeit, Urin in der Blase zu speichern und Ort und/oder Zeitpunkt der Entleerung selbst zu bestimmen. Laut der Definition der Fachgesellschaften liegt bereits dann eine Harninkontinenz vor, wenn auch nur ein einziger Tropfen Urin unkontrolliert bzw. ungewollt ausgeschieden wird. Blasenschwäche ist eine Kondition, die nicht nur bei Schwangeren und alten Männern vorkommt. Sie ist in bei Männern, Frauen und Kindern in allen Altersgruppen verbreitet.
Wie häufig kommt Harninkontinenz vor?
Die Häufigkeit von Blasenschwäche hängt stark vom Lebensalter und dem Geschlecht der Betroffenen ab. Über alle Altersgruppen und Geschlechter hinweg, gehen Statistiker davon aus, dass ungefähr 13 Prozent aller Menschen davon betroffen sind. Dieser Prozentsatz steigt mit wachsendem Alter kontinuierlich an und erreicht bei den über sechzigjährigen 23 Prozent. Männer in dieser Altersgruppe sind zu 18 Prozent betroffen, Frauen zu 23 Prozent.
Zum Vergleich: An koronaren Herzerkrankungen leiden ca. 10 Prozent aller Menschen, an Diabetes mellitus Typ II ca. 8 bis 9 Prozent. Nur Adipositas kommt noch häufiger vor als Harninkontinenz.
Gesundheitsexperten gehen jedoch davon aus, dass die Zahl der an Blasenschwäche leidenden Personen noch weitaus höher ist. Vielen Betroffenen ist es gar nicht bewusst, dass sie laut medizinischer Definition an einer Harninkontinenz leiden, da sie es für normal halten, ab und zu ein paar Tröpfchen zu verlieren. Andere wissen zwar, dass mit ihnen etwas nicht stimmt, schämen sich aber, zum Arzt zu gehen.
Warum ist Blasenschwäche bis heute ein Tabuthema?
Das liegt unter anderem daran, dass in unserer Gesellschaft großer Wert auf Sauberkeit und Hygiene gelegt wird. Jemand, der sich eventuell sogar in der Öffentlichkeit einnässt, gilt als schmutzig, unbeherrscht, schwach oder psychisch gestört. Mitunter wird auch angenommen, dass Betroffene unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen stehen. Sie werden stigmatisiert und bestenfalls gemieden sowie mit bösen Blicken bedacht, müssen sich jedoch nicht selten anzügliche Bemerkungen oder gar Beschimpfungen anhören.
Darunter leiden viele Menschen mit Blasenschwäche sehr. Sie ziehen sich fast ganz aus dem sozialen Leben zurück und meiden es, in der Öffentlichkeit zu erscheinen, weil sie sich schämen. Manche verlassen das Haus nur noch dann, wenn es gar nicht anders geht. Das kann Depressionen auslösen.
Welche Stufen der Harninkontinenz gibt es?
Die Deutsche Inkontinenzgesellschaft unterscheidet 4 Stufen der Harninkontinenz:
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sporadische Inkontinenz: der Harnverlust beträgt weniger als 10 ml pro Stunde oder tritt nur gelegentlich auf
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belastende Inkontinenz: der Harnverlust liegt bei weniger als 25 ml pro Stunde
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schwere Inkontinenz: Betroffene verlieren weniger als 50 ml Urin pro Stunde
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absolute Inkontinenz: der Urinverlust übersteigt 50 ml pro Stunde.
Zum Vergleich: ein durchschnittlicher, gesunder Erwachsener produziert pro Tag zwischen 1,000 bis 1,500 ml Urin und muss vier- bis sechsmal die Blase entleeren. Die tägliche Urinmenge schwankt stark und hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel die Nahrung.
Wodurch entsteht Harninkontinenz?
Einer Harninkontinenz können verschiedene Ursachen zugrunde liegen. Auslöser der Blasenschwäche können zum Beispiel verschiedene Krankheiten sein. Dazu gehören unter anderem:
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Diabetes mellitus
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Lungenerkrankungen, darunter chronische Bronchitis
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Neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Schlaganfall oder Querschnittslähmung
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Infektionen der Harnwege, unter anderem eine Harnröhren- oder Blasenentzündung
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Vergrößerte Prostata
Die Schwächung oder Verletzung der Beckenbodenmuskulatur kann ebenfalls eine Harninkontinenz zufolge haben. Bei Frauen tritt das häufig während der Schwangerschaft oder als Folge der Geburt auf, manchmal auch nach einer Hysterektomie, bei Männern oft nach einer Prostatektomie (Entfernung der Prostata) oder einer Strahlentherapie.
Bestimmte Medikamente können ebenfalls eine Harninkontinenz auslösen. Dazu gehören in erster Linie Diuretika, sogenannte Entwässerungstabletten, aber auch Antidepressiva, Opioide, Muskelrelaxantien und andere mehr.
Die Lebensumstände und natürlich das Alter können ebenfalls eine Harninkontinenz begünstigen. An erster Stelle kommen hier Übergewicht und Rauchen, aber auch der übermäßige Genuss von starken, koffeinhaltigen Getränken wie Kaffee, Tee oder Energiedrinks. Durch schwere körperliche Arbeit, insbesondere das häufige Heben schwerer Lasten, kann ebenfalls eine Harninkontinenz ausgelöst werden, weil dadurch die Beckenbodenmuskulatur geschädigt wird.
Eine Harninkontinenz kann verschiedene Ursachen haben und unter Umständen zu den Anzeichen einer schweren Erkrankung gehören. Patienten sollte sie deshalb nicht auf die leichte Schulter nehmen und sie von einem Facharzt abklären lassen.
Die verschiedenen Arten der Blasenschwäche
In der Medizin unterscheidet man 5 Formen der Harninkontinenz, die in den folgenden Abschnitten kurz erläutert werden:
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Belastungsinkontinenz
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Dranginkontinenz
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Mischinkontinenz
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Überlaufinkontinenz
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Reflexinkontinenz
Belastungsinkontinenz
Diese Form der Blasenschwäche wird auch Stressinkontinenz genannt. Allerdings ist mit Stress nicht der psychische Zustand, sondern eine plötzlich auftretende Belastung des Bauchraums gemeint, wodurch die Schließmuskeln der Blase plötzlich auftretenden starken Belastungen ausgesetzt sind. Beim Husten oder Niesen, Lachen, Treppensteigen oder dem Heben schwerer Lasten kommt es zu einem unwillkürlichen Urinabgang. Ursache dafür ist eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur. Die Belastungsinkontinenz kommt bei Frauen häufiger als bei Männern vor.
Dranginkontinenz
In der Umgangssprache wird die Dranginkontinenz auch überaktive Blase genannt. Betroffene spüren einen unaufschiebbaren Drang zum Urinieren, mitunter im Abstand von nur wenigen Minuten. Wird dem Drang nicht nachgegeben und rechtzeitig eine Toilette aufgesucht, kommt es zu einem ungewollten Harnabgang. Da die Blase sehr oft entleert wird, sind die abgegebenen Urinmengen meistens gering. Als Ursachen für eine Dranginkontinenz kommen eine zu kleine Blase, neurologische Erkrankungen, eine vergrößerte Prostata oder ein Tumor infrage. Bei älteren Menschen ist die Dranginkontinenz die häufigste Form der Blasenschwäche.
Mischinkontinenz
So wird eine Blasenschwäche genannt, bei der Belastungs- und Dranginkontinenz gleichzeitig auftreten.
Überlaufinkontinenz
Bei einer Überlaufinkontinenz ist die Harnblase ständig voll. Übersteigt der Druck des Urins die Haltekraft der Schließmuskeln, tritt Flüssigkeit aus. Das kann passieren, ohne dass die Betroffenen etwas davon merken. Ursachen dafür ist ein gestörter Abfluss des Urins, beispielsweise durch Harnsteine, einen Tumor oder einer vergrößerten Prostata. Die Patienten haben das Gefühl, ständig die Toilette aufsuchen zu müssen, selbst wenn sie sich erst kurze Zeit vorher erleichtert haben. Die Überlaufinkontinenz kommt bei Männern häufiger als bei Frauen vor.
Reflexinkontinenz
Sie kann als eine der Folgen einer Querschnittslähmung auftreten. Durch die Lähmung funktionieren die Nerven nicht mehr und die Patienten bekommen es nicht mehr mit, wenn ihre Blase voll ist. Wenn der Druck auf die Schließmuskeln zu groß wird, entleert sich die Blase in unregelmäßigen Abständen.
Kindliche Harninkontinenz
Die Erkrankung tritt in 2 Erscheinungsformen auf: Bettnässen, medizinisch Enuresis genannt und Einnässen tagsüber. Die Mediziner sprechen von Bettnässen, wenn ein Kind nach dem 5. Lebensjahr mindestens zweimal pro Monat im Schlaf Urin verliert, ohne dass ein Harnweginfekt vorliegt oder es sich tagsüber einnässt.
Nässen sich Kinder tagsüber ein, steckt dahinter oft eine Dranginkontinenz. Manche Kinder wollen auch aus verschiedenen Gründen nicht die Toilette aufsuchen und schieben es so lange auf, bis sich die Blase unwillkürlich entleert. Das heißt Harninkontinenz durch Miktionsaufschub.
Nykturie
So wird in der Medizin der nächtliche Harndrang von Erwachsenen bezeichnet. Sie können nicht richtig schlafen, weil sie mitunter stündlich aufwachen und ihre Blase entleeren müssen. Die Ursachen dafür sind häufig Diabetes mellitus, Herzerkrankungen, Medikamente, hormonelle Störungen oder zu große Trinkmengen vor dem Schlafengehen.
Therapeutische Maßnahmen bei Harninkontinenz
Die Therapie einer Harninkontinenz hängt davon, um welche Form es sich handelt und mit welcher anderen Krankheit sie verknüpft ist. Blasenschwäche ist in der Regel keine eigenständige Krankheit, sondern tritt entweder in Verbindung mit anderen Krankheiten auf oder gehört zu den Symptomen anderer Erkrankungen oder gesundheitlichen Problemen. Bei Frauen kommt sie häufig während der Schwangerschaft und kurz nach der Geburt vor, bei Männern nach einer Prostataoperation oder nach einer Strahlentherapie. Ebenso gut können auch eine vergrößerte Prostata oder Harnröhrensteine dahinter stecken. Erst wenn ein Arzt die Ursache der Harninkontinenz festgestellt hat, kann die Therapie erfolgen.
In schweren Fällen kann auch ein künstlicher Schließmuskel eingefügt werden. Diese Operation ist jedoch nicht ohne Risiko und wird nur in Ausnahmefällen durchgeführt.
Wie gut ist eine Harninkontinenz heilbar?
Das kommt darauf an, welche Ursache hinter der Blasenschwäche steckt. Waren es zum Beispiel Harnröhren- oder Blasensteine oder eine vergrößerte Prostata, tritt eine Besserung von selbst ein, sobald das Problem beseitigt wurde, also die Steine entfernt oder die Prostata abgeschält wurde.
Liegt es daran, dass die Beckenbodenmuskulatur durch eine Schwangerschaft oder einen medizinischen Eingriff im Unterleib geschwächt wurde, kann durch ein regelmäßiges
Beckenbodentraining zumindest eine Besserung des Zustands erreicht werden.
Wenn die Harninkontinenz stark ausgeprägt ist, müssen sich die Betroffenen jedoch in der Regel damit abfinden, dass sie dieses Problem zeitlebens begleiten wird.
Sie müssen lernen, mit einer Harninkontinenz zu leben.
Leben mit einer Harninkontinenz
Zum Glück gibt es heute eine ganze Reihe von Hilfsmitteln, die zwar den unwillkürlichen Abgang von Urin nicht stoppen können, jedoch verhindern, dass er nach außen hin sichtbar wird. Sie ermöglichen an Blasenschwäche leidenden Menschen, ein nahezu normales Leben zu führen und sozial aktiv zu bleiben. Zu diesen Produkten gehören im Wesentlichen ableitende und aufsaugende Inkontinenzhilfsmittel.
Ableitende Inkontinenzhilfsmittel
In diese Kategorie fallen beispielsweise die verschiedenen Arten von Kathetern. Sie werden oft in Krankenhäusern nach Operationen oder bei bettlägerigen Patienten eingesetzt. Ein Katheter ist eine Hohlnadel, die den Urin ableitet. Er wird in einen Beutel geleitet, der meist aus Silikon gefertigt wird.
Eine weitere Variante sind Urinalkondome. Sie sind für Männer gedacht, es gibt aber auch Ausführungen für Frauen. Bei denen erfreuen sie sich jedoch keiner großen Beliebtheit, weil sie nicht fest haften. Wie der Name es bereits erahnen lässt, wird ein Urinalkondom wie ein normales Kondom angelegt, die Spitze ist jedoch offen. Daran befindet sich ein Schlauchansatz mit einem Adapter. Daran wird ein Schlauch mit einem Urinbeutel angeschlossen. Urinalkondome sind sinnvolle Hilfsmittel für Menschen, die viel sitzen, beispielsweise Rollstuhlfahrer oder Berufskraftfahrer. Für aktive Personen, die sich viel bewegen, sind sie dagegen weniger gut geeignet, weil sie sich leicht lösen.
Aufsaugende Hilfsmittel
Das sind Produkte, die den Urin aufsaugen und binden. Es gibt folgende Untergruppen:
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Einlagen
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Slips
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Windeln
Die meisten Hilfsmittel in dieser Kategorie sind Einwegprodukte, im Onlinehandel gibt es aber auch Einlagen und Slips, die wiederverwendbar sind, weil sie gewaschen werden können. Aufsaugende Inkontinenzhilfsmittel gibt es mit verschiedenen Saugstärken, für
Frauen und Männer oder als Unisex-Produkte. Sie sind in jedem Drogeriemarkt und auch in vielen Discountern und Supermärkten erhältlich.
Das Funktionsprinzip der aufsaugenden Hilfsmittel
Unabhängig von ihrer Form bestehen alle aus mehreren Lagen unterschiedlicher Materialien. Die innere Lage, die in direkten Kontakt zur Haut kommt, wird aus einem weichen Vlies gefertigt. Es soll den Urin schnell ableiten, sodass die Haut trocken bleibt. Darunter befindet sich eine dicke Schicht einer speziellen Substanz. Kommt sie mit Flüssigkeit in Berührung, saugt sie diese nicht einfach nur auf, sondern verwandelt sie in ein Gel. Käme nur einfacher Schaumstoff zum Einsatz, würde der den Urin wieder abgeben, wenn er beispielsweise beim Sitzen unter Druck gerät. Die äußere Lage ist eine Sperrschicht aus einer dünnen Kunststofffolie.
Vor- und Nachteile der verschiedenen aufsaugenden Hilfsmittel
Einlagen
Sie gehören zu den am häufigsten benutzten aufsaugenden Hilfsmitteln und sehen aus wie Damenbinden, sind jedoch größer und dicker. Einlagen haben den Vorteil, dass sie mit normaler Unterwäsche getragen werden können, da sie einfach in den Slip eingelegt werden. Sie sind sehr bequem und erlauben genügend frische Luft an den Genitalbereich. Ihre Nachteile bestehen darin, dass sie schnell verrutschen und nur eine begrenzte Aufnahmefähigkeit haben.
Gewöhnliche Damenbinden eignen sich nicht bei Harninkontinenz. Sie sind nicht genügend saugfähig und dazu gedacht, das eher dickflüssige Menstruationsblut aufzunehmen.
Slips
Diese Produkte sehen aus wie normale Unterhosen und werden ebenso getragen. Es gibt Slips, die auf den ersten Blick von normaler Unterwäsche nicht zu unterscheiden sind. Sie bieten einen besseren Schutz als Einlagen, da aufgrund ihrer Beschaffenheit ein Verrutschen nicht möglich ist. An den Beinen schließen sie dicht ab, sodass keine Flüssigkeit austreten kann. Slips eignen sich besonders bei starker Harninkontinenz. Ihre Nachteile bestehen darin, dass sie schwerer zu wechseln sind als Einlagen. Dazu muss man die Hosen vollständig ausziehen. Außerdem schirmen sie den Unterleib völlig von der frischen Luft ab. Die zwischen den Slips und der Haut herrschende feuchtwarme Atmosphäre bietet ideale Entwicklungsbedingten für Hautpilze.
Windeln
Sie sind im Prinzip nichts anderes als Slips, werden jedoch nicht wie Unterhosen an- und ausgezogen, sondern werden durch Klettverschlüsse oder Klebestreifen geschlossen bzw. geöffnet. Windeln werden bei bettlägerigen Patienten verwendet, weil sie gewechselt werden können, ohne dass die Person aufstehen muss. Das An- und Ablegen der Windeln ist jedoch umständlich und erfordert Übung.
Übernehmen die Krankenkassen die Kosten für Inkontinenzhilfsmittel?
Einlagen oder Inkontinenzslips guter Qualität sind nicht gerade billig. Eine Packung mit 12 Slips kann fast 12 Euro kosten. Je nach der Stärke der Inkontinenz werden durchschnittlich 2 bis 4 Slips pro Tag benötigt. Das summiert sich zu 6 bis 12 Packungen pro Monat oder 72 bis 144 Euro.
Zunächst einmal die gute Nachricht. Ja, die Kosten für die Versorgung mit aufsaugenden oder ableitenden Inkontinenzhilfsmitteln werden übernommen, wenn die bürokratischen Hürden überwunden sind. Die Kostenübernahme wird wie folgt beantragt:
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Ein Arzt, entweder der Hausarzt oder ein Facharzt, muss feststellen, dass eine Harninkontinenz vorliegt und dass sich der Zustand in vorhersehbarer Zeit nicht ändern wird.
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Der Arzt stellt ein Dauerrezept aus. Dieses Rezept ist ein Kalenderjahr gültig.
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Das Dauerrezept und die Diagnose müssen an die Krankenkasse geschickt werden.
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Die Krankenkasse meldet sich beim Patienten und benennt einen Versorgungsträger, mit dem sie einen Vertrag abgeschlossen hat. Diese Firma ist für die Versorgung des Patienten mit Inkontinenzhilfsmitteln zuständig. Jede Krankenkasse arbeitet mit anderen Versorgungsträgern zusammen.
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In der Regel nimmt der Versorgungsträger Kontakt mit den Betroffenen auf und sendet ein Testpaket mit einer Auswahl unterschiedlicher Produkte sowie einen Fragebogen.
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Der Patient füllt den Fragebogen aus und gibt darin an, welche Inkontinenzhilfsmittel in welcher Menge pro Monat benötigt werden.
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Der Versorgungsträger schickt die gewünschten Produkte per Post an die angegebene Adresse.
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Meistens wird ein Vorrat für 3 Monate geschickt. Der Vorgang wiederholt sich so lange, bis ein neues Dauerrezept ausgestellt werden muss. Ein Anruf beim Versorger genügt in der Regel, um die nächste Bestellung zu veranlassen.
Müssen die Patienten Zuzahlungen leisten?
In einem geringfügigen Umfang müssen Patienten für die gelieferten Produkte eine Zuzahlung leisten. Wie hoch diese ausfällt, hängt davon ab, für welche Produkte sie sich entscheiden und wie hoch der Kostenbetrag ist, den die Krankenkasse übernimmt. Markenprodukte sind teurer als solche von unbekannten Anbietern. Die Mehrausgabe lohnt sich jedoch, weil Markenprodukte beispielsweise bequemer sind und eine höhere Aufnahmekapazität haben. Die Krankenkassen legen einen Höchstbetrag fest, den sie monatlich für Inkontinenzhilfsmittel übernehmen. Wie hoch der ist, teilt die Kasse auf Anfrage mit.
Wenn man sich für qualitativ hochwertige Inkontinenzhilfsmittel entscheidet und einen mittleren Bedarf hat, beträgt die durchschnittliche Höhe der Zuzahlung ungefähr 10 Euro pro Quartal.
Wie bewältigt man den Alltag mit einer Harninkontinenz?
Es gibt Betroffene, die sich wegen ihres Leidens fast vollständig aus dem öffentlichen Leben zurückziehen. Sie schämen sich und fürchten sich davor, draußen mit nassen Hosen herumzulaufen. Diese Furcht ist jedoch zum größten Teil unbegründet. Gute Inkontinenzhilfsmittel verhindern das fast immer, natürlich vorausgesetzt, man wählt Vorlagen, die den persönlichen Bedürfnissen entsprechen und hat einen ausreichenden Vorrat zum Wechseln mit. Nur in den seltensten Fällen wird es nötig sein, sich komplett umzuziehen. Sollte doch mal etwas im wahrsten Sinne des Wortes in die Hose gehen, stellt das kein großes Problem dar. Heutzutage sind die Menschen zum großen Teil mit sich selbst beschäftigt und nehmen kaum von ihren Mitmenschen Notiz.
Eine Harninkontinenz stellt keinen Grund dar, sich zu Hause zu verstecken!
Tipps und Tricks, die das Leben mit einer Harninkontinenz erleichtern
Wer oft zu Fuß unterwegs ist, kann sich auf das Handy eine Toilettenfinder-App herunterladen. Die App zeigt alle öffentlichen Toiletten in der Nähe an. Auf der Liste stehen auch Restaurants, deren Toiletten für die Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.
Wer mit dem Auto unterwegs ist, kann sich sogenannte Reiseurinale zulegen. Das sind Silikonbeutel mit einer Art Trichter, die für den einmaligen Gebrauch bestimmt sind. Reiseurinale gibt es für Frauen und Männer oder als Unisex-Produkte. Manche Modelle kann man sogar im Sitzen, also während der Fahrt, benutzen. Für Autositze gibt es Einweg-Sitzauflagen und für das Bett Inkontinenzauflagen, die mit Klebestreifen auf dem Laken befestigt werden. Die meisten Betroffenen benötigen derartige Bettauflagen jedoch nicht, da der Harnverlust während der Nachtruhe deutlich geringer ist. Einlagen oder Slips reichen aus.
Auf die Matratze eine Auflage aus Gummi zu legen, ist keine gute Idee. Sie hat den Effekt, dass austretender Urin sich nur noch breiter verteilt, da er nicht aufgesaugt wird.
Für den Fall, dass unterwegs doch etwas auslaufen sollte, haben sich Hosen oder Röcke aus kleingemusterten Stoffen bewährt. Auf einem karierten, gepunkteten oder geblümten Stoff fällt ein nasser Fleck kaum auf. Am besten sind Stoffe mit Tarnmuster geeignet. Idealerweise sollte das Kleidungsstück mehrere Taschen haben. Darin kann man 2 oder 3 Vorlagen als eiserne Reserve verstauen, die jederzeit zur Hand sind. Vor dem Verlassen des Hauses muss es zur festen Gewohnheit werden, sicherzugehen, dass man Vorlagen dabei hat.
Was tun bei Langstreckenflügen?
Fernflüge dauern oft viele Stunden, stellen aber bei richtiger Vorbereitung kein großes Problem dar. Das beginnt bereits bei der Buchung mit der Auswahl des optimalen Sitzplatzes. Am besten eignen sich Plätze am Gang. Durch ihre Blasenschwäche müssen Betroffene die Toilette öfter aufsuchen als gesunde Menschen. Sitzt man am Gang, muss man nicht jedes Mal die anderen Passagiere in der Sitzreihe bitten, aufzustehen. Die Hose oder der Rock sollte ein kleines Muster haben, damit nasse Flecke nicht so auffallen. Man darf auch nicht vergessen, sich ausreichend Vorlagen mitzunehmen. Diese gehören nicht ins Handgepäck, sondern in die Taschen der Hose oder Jacke, sodass sie zur Hand sind, wenn sie benötigt werden, ohne erst das Gepäckfach öffnen zu müssen.
Positive Gewohnheiten, die den Umgang mit einer Harninkontinenz erleichtern
Zu den wichtigsten Gewohnheiten gehört eine gute Intimhygiene. Da die Vorlagen direkt am Körper getragen werden, verhindern sie, dass frische Luft an den Intimbereich gelangt. In dem engen Raum zwischen der Vorlage und der Haut entwickelt sich ein feuchtwarmes Mikroklima, das ideal für das Wachstum von Hautpilzen ist. Ein Befall mit Hautpilzen macht sich durch Hautrötungen und unerträgliches Jucken bemerkbar, ähnlich wie bei Fußpilz.
Um solche Probleme von vornherein zu vermeiden, müssen die Genitalien so sauber wie möglich gehalten werden. Das geschieht, indem sie mehrmals täglich gewaschen und hinterher sorgfältig getrocknet werden. Dazu eignet sich lauwarmes Wasser am besten, kein Waschgel! Zum Einsatz kommen separate Lappen oder Tücher, die nur zu diesem Zweck benutzt und regelmäßig gereinigt werden.
Sollten trotzdem Symptome einer Hautpilzerkrankung auftreten, muss der Hausarzt oder ein Facharzt aufgesucht werden, da eine Pilzerkrankung nicht von allein verschwindet, sondern immer weiter voranschreitet.
Eine weitere Angewohnheit, die das Leben mit einer Harninkontinenz erleichtert, besteht darin, die Blase nicht sofort beim ersten Anzeichen von Harndrang zu entleeren, sondern das Wasserlassen so lange wie möglich hinauszuzögern. Das stellt ein gutes Training der Schließmuskeln dar. Im Laufe der Zeit wird man feststellen, dass die Abstände zwischen den Gängen zur Toilette immer größer werden.
Regelmäßiges Beckenbodentraining stärkt die Schließmuskeln der Blase und reduziert die Harninkontinenz. Die Übungen sind sehr einfach und können sogar im Sitzen oder Stehen ausgeführt werden, ohne dass jemand aus der Umgebung etwas mitbekommt. Wenn der Arzt nicht bestimmte Übungen empfiehlt, hält YouTube unter dem Stichwort Beckenbodentraining zahlreiche Erklärvideos bereit.
Übergewichtige Menschen sind gut beraten, abzunehmen. Nicht nur stellt Übergewicht einen Risikofaktor dar, es wirkt sich auch negativ auf die Stärke der Inkontinenz aus, weil das hohe Gewicht die Beckenbodenmuskeln stärker belastet. Eine substanzielle Gewichtsreduktion wirkt sich zudem positiv auf den allgemeinen Gesundheitszustand aus.
Negative Gewohnheiten, die den Umgang mit einer Harninkontinenz erschweren
Viele Menschen, die an Harninkontinenz leiden, kommen auf die Idee, ihre Trinkmenge zu reduzieren, weil sich dadurch ja auch die Menge des ausgeschiedenen Urins reduziert. Das ist aber nicht nur falsch, sondern sogar gefährlich, weil der Körper täglich eine bestimmte Menge an Flüssigkeit benötigt. Urin ist ein Stoffwechselendprodukt, das Giftstoffe aus dem Körper entfernt. Produziert der Körper nicht genug Urin, vergiftet er sich langsam selbst.
Man erkennt das an der Farbe des Urins. Je dunkler er ist, umso mehr Stoffwechselendprodukte enthält er. Stark konzentrierter Urin hat eine dunkle, bernsteingelbe Farbe und riecht streng. Normaler Urin ist hellgelb und hat nur einen schwachen Geruch.
Ebenfalls negativ wirkt sich das exzessive Trinken von Alkohol, Kaffee, Schwarztee und Energiedrinks aus, besonders kurz vor dem Schlafengehen. Kaffee, Schwarztee, Bier und Wein haben nicht nur eine harntreibende, bei alkoholhaltigen Getränken kommt noch dazu, dass sie das Nervensystem beeinflussen. Selbst gesunde Menschen können nach starkem Alkoholgenuss die Kontrolle über ihre Blase verlieren, geschweige denn Personen mit Harninkontinenz.
Zu den schlechten Angewohnheiten gehört auch, bereits beim kleinsten Gefühl von Harndrang auf die Toilette zu gehen. Die Blase ist mit einem empfindlichen Nervengeflecht umgeben, das dadurch unnötig gereizt wird.
Hat die Ernährung einen Einfluss auf die Blasenschwäche?
Durchaus, den es gibt Lebensmittel, die anregend auf die Nierentätigkeit wirken und sie dazu veranlassen, mehr Harn als gewöhnlich zu produzieren. In der Ernährungswissenschaft werden diese entwässernden Nahrungsmittel Diuretika genannt. Davon gibt es erstaunlich viele. Am bekanntesten sind alkoholische Getränke, Kaffee, grüner und schwarzer Tee, Mate und Brennnesseltee, aber auch Zucker, Süßstoff und kohlensäurehaltige Getränke.
Weniger bekannt dürfte dagegen sein, dass sogar Kartoffeln, Reis, Zwiebeln. Karotten, Tomaten, Salatgurken und verschiedene Kohlarten harntreibend wirken. Bei den Obstsorten stehen Zitrusfrüchte, Bananen und Wassermelonen ebenso auf der Liste wie scharfe Gewürze und Essig.
Gibt es auch Lebensmittel, die gut für die Blase sind?
Dazu gehören verschiedene Kürbisarten, Preiselbeersaft und getrocknete Kräuter.
Müssen Betroffene ihre Ernährung umstellen?
Eine komplette Umstellung ist in den meisten Fällen nicht erforderlich, eher eine Anpassung. Die weiter oben genannten Lebensmittel gelten im Allgemeinen als harntreibend, aber jeder Mensch reagiert anders. Während bei den einen beispielsweise Ananas eine starke Wirkung hat, spürt der andere nichts. Niemand verlangt, Kartoffeln und Reis vom Speiseplan zu streichen. Ernährungswissenschaftler raten, die Reaktion des Körpers auf bestimmte Lebensmittel zu beobachten und ihren Verzehr entsprechend zu reduzieren. Ganz darauf verzichten muss man jedoch nicht.
Davon abgesehen ist es aus allgemeinen gesundheitlichen Gründen sowieso eine gute Idee, weniger Genussmittel wie beispielsweise Alkohol und Kaffee zu verbrauchen, den Zuckerkonsum zu verringern und weniger Limonaden zu trinken. Das führt übrigens als angenehmer Nebeneffekt zu einer Gewichtsreduktion.
Wo gibt es Rat und Hilfe zum Thema Harninkontinenz?
Wer sich in diesem Punkt auf die Ärzte verlässt, ist verlassen. Sie haben kein Interesse, an Blasenschwäche leidenden Menschen zu helfen. Für sie ist diese Erkrankung eine unangenehme Alterserscheinung oder Nebeneffekt einer Schwangerschaft bzw. Prostataoperation. Mit der Ausstellung eines Dauerrezepts für Inkontinenzhilfsmittel hat sich für die meisten Mediziner der Fall erledigt.
Nach einer Prostatektomie, einer vollständigen Entfernung der Prostata, können Männer eine Rehabilitationsmaßnahme beantragen, die in der Regel 3 Wochen dauert. Während der Reha lernen sie Übungen zur Stärkung des Beckenbodens. Dadurch wird die Blasenschwäche zwar nur selten vollständig beseitigt, aber zumindest abgeschwächt.
Für werdende Mütter gibt es ähnliche Maßnahmen im Rahmen der Schwangerschaftsgymnastik, die bis nach der Geburt fortgesetzt werden.
Zu den besten Orten für Rat und Unterstützung bei Harninkontinenz gehören Selbsthilfegruppen. Dort treffen sich Menschen, die unter demselben Problem leiden. Wer in einer größeren Stadt wohnt, findet eventuell so eine Gruppe in der Nähe, bei der sich die Mitglieder in regelmäßigen Abständen persönlich treffen können. Dadurch sind schon oft Freundschaften entstanden. Bei den Treffen herrscht eine entspannte Atmosphäre, da ja alle unter Blasenschwäche leiden und sich voreinander weder schämen noch verstecken müssen. Ganz im Gegenteil, der eine oder andere hat praktische Tipps bereit, die aus eigener Erfahrung stammen und das Leben erleichtern. Die sind oftmals erstaunlich einfach, aber trotzdem hilfreich, weil sie mitten aus dem Leben kommen.
Wer keine Selbsthilfegruppe in der Nähe hat, die er physisch aufsuchen kann, muss den Kopf nicht hängen lassen. Im Internet veranstalten Betroffene virtuelle Treffen oder betreiben Foren, auf denen man sich austauschen kann.
Fazit
Harninkontinenz ist eine Erkrankung, die weiter verbreitet ist als Diabetes Typ II. Trotzdem wird kaum darüber gesprochen, weil es bis heute als Schande gilt, die Kontrolle über die Blase zu verlieren. Betroffene stammen aus allen Altersgruppen der Bevölkerung, allerdings leiden aus anatomischen Gründen mehr Frauen als Männer darunter und die Häufigkeit des Auftretens wächst mit dem Lebensalter. Eine gezielte Therapie der Blasenschwäche ist schwierig, da sie meistens nur eine Begleiterscheinung eines anderen medizinischen Problems ist.
Durch eine Reihe von Maßnahmen und eine Anpassung ihrer Lebensweise können Betroffene die Auswirkungen der Harninkontinenz zumindest abschwächen. Dank guter Inkontinenzhilfsmittel und einigen praktischen Tipps und Tricks kann man auch mit einer Blasenschwäche ein normales Leben führen und muss sich nicht zu Hause verstecken.
Das Leben ist viel zu schön, um es sich dadurch vermiesen zu lassen.
Preis:
4039 Wörter = 80,78 Euro (0,02 €/Wort)
Quellen und weiterführende Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Harninkontinenz
https://www.labor-limbach.de/blog/zahlen-daten-und-fakten-zu-den-gaengigen-volkskrankheiten/
https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/nieren-harnblase/harninkontinenz.html
https://www.medipee.com/urinanalyse/miktionsparameter/urinmenge?cookie-state-change=1734616387578
https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/harninkontinenz/ursachen-krankheitsbilder/
https://www.pflege.de/krankheiten/inkontinenz/harninkontinenz/
https://www.tena.de/frauen/beratung-und-tipps/umgang-mit-blasenschwaeche/harntreibende-lebensmittel